Wie es für Biogasanlagen weitergehen könnte - Von Stefan Parsch

Viele Biogasanlagen in Deutschland stehen vor dem Aus, weil die EEG-Förderung endet. Doch Biogas kann auch ohne Subventionen eine Zukunft haben - mit moderner Technik und kreativem Konzept.

Damsdorf/Mainz (dpa/fwt) - Rund 10.000 Biogasanlagen gibt es nach Angaben des Fachverbands Biogas in Deutschland. Doch derzeit ist unklar, wie viele es in einigen Jahren noch sein werden. Denn für zahlreiche Anlagen läuft die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in den nächsten Jahren aus - sofern wenn sie nicht schon ausgelaufen ist.

In den 2000er Jahren sah das Gesetz eine Förderung über 20 Jahre mit festgelegten Einspeisetarifen für den aus Biogas erzeugten Strom vor.

Das gab den Betreibern von Biogasanlagen - oft Landwirte - Planungssicherheit. Zwar besteht derzeit die Möglichkeit einer Anschlussförderung, aber längst nicht für alle Anlagen. Der Fachverband Biogas befürchtet einen Rückschritt bei der Energiewende.

Dabei galt die Energiegewinnung aus Biomasse vor rund 20 Jahren als großer Zukunftsmarkt. An die Stelle von fossilen Brennstoffen, wie Kohle, Erdöl und Erdgas, traten nachwachsende Rohstoffe. Diese gelten als klimafreundlich, weil bei ihrer energetischen Verwertung nur die Menge an Kohlendioxid (CO2) frei wird, die sie beim Wachstum aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Bei Anbau und Verwertung werden jedoch weitere Treibhausgase frei.

Nutzung von Energiepflanzen eingeschränkt

Gefördert wurden in den 2000er Jahren insbesondere sogenannte Energiepflanzen wie Mais, Getreide und Rüben. Diese Pflanzen konkurrierten dann jedoch mit Nutzpflanzen für Lebensmittel um Ackerflächen - es folgte eine Tank-oder-Teller-Debatte. Inzwischen schränkt das EEG die Nutzung von Energiepflanzen etwa durch den sogenannten Maisdeckel ein.

Generell machen sich Biogasanlagen einen natürlich ablaufenden Prozess zunutze: die Vergärung von organischen Stoffen. Ohne Sauerstoffzufuhr setzen Mikroorganismen biologische Substanzen zu Biogas um, das hauptsächlich aus Methan und CO2 besteht, beide sind Treibhausgase. Doch zumindest das Methan gelangt in der Regel nicht in die Atmosphäre, sondern wird zur Strom- oder Wärmegewinnung verwendet. Auch für die Nutzung des CO2 gibt es verschiedene klimafreundliche Ansätze. Allerdings schaden unter anderem die Geruchsbelästigung durch gelagerte Biomasse und der Austritt von Methan durch Leckagen dem Ruf der Biogasanlagen - bis hin zu Stör- und Unfällen.

Millionen-Investitionen in Bioenergie

Dennoch investiert das schweizerisch-deutsche Unternehmen Varem Energie in Damsdorf bei Brandenburg an der Havel rund 75 Millionen Euro bis Ende 2026 in eine neue Biogasanlage mit kombiniertem thermischen Verfahren. Diese soll vor allem biologische Rest- und Abfallstoffe sowie Klärschlämme mit geringem Schadstoffanteil verarbeiten. «Die Kombination der verschiedenen Verfahren, die wir zur Verarbeitung der Substrate anwenden, ist in der Welt einzigartig», sagt Varem-Geschäftsführer Stefan Sziwek, der Ingenieur für Verfahrens- und Umwelttechnik ist.

Die Planer verzichten bei der Damsdorfer Biogasanlage auf eine Lagerung der verwerteten Stoffe, stattdessen soll der Inhalt von bis zu 40 Lkw pro Tag innerhalb weniger Stunden zum Einsatz gelangen.

Entladen werden die Laster in einer Halle mit Unterdruck, der ein Ausströmen von klimaschädlichen und übelriechenden Gasen verhindern soll. Verholzte Pflanzenteile, die in der Biogasanlage nicht verwertet werden können, werden unter hohem Druck und bei etwa 200 Grad Celsius zu klimaneutraler Kohle verarbeitet.

Auch das CO2 ist nutzbar

Beim Biogas wiederum werden in der Anlage Methan und CO2 voneinander getrennt. Dabei entsteht Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Es ist zudem als Industriebrennstoff, in Kraftstoffen oder als Rohstoff für die chemische Industrie nutzbar. Einfacher noch ist die Verbrennung in einem Blockheizkraftwerk zur gleichzeitigen Gewinnung von Strom und Wärme.

Das CO2 will Sziwek für die Erzeugung von Kohlensäure in der Lebensmittelindustrie verwenden. «Die Anlage ist nicht von den Vergütungen nach dem EEG abhängig und kann bereits bei einer mittleren Auslastung wirtschaftlich betrieben werden», berichtet Sziwek.

«Biologische Abfall- und Reststoffe in einer Biogasanlage zu verwerten, ist im Hinblick auf die Umwelt eine sinnvolle Sache», bestätigte Katja Hofmeier vom Umweltbundesamt schon vor einiger Zeit.

Sie plädierte dafür, die Gärreste solcher Anlagen als Düngemittel zu nutzen. Dies ist in Deutschland jedoch streng reglementiert.

In Damsdorf werden hingegen alle Feststoffe für die Kohleherstellung verwendet. Für Sziwek ist das gerade einen Vorteil seiner Anlage. Er verweist auf mehrere Studien, denen zufolge mit den Gärresten Mikroplastik auf die Felder gelange. Wie so oft bei der Verwertung von Biomasse steckt der Teufel im Detail.

Solarenergie viel effektiver als Energiepflanzen

Eine Absage erteilt Hofmeier hingegen dem Einsatz von Energiepflanzen zur Stromerzeugung - wegen der geringen Flächeneffizienz.

Berechnungen des Umweltbundesamtes zufolge kann pro Hektar und Jahr etwa 40-mal mehr Strom durch neue Fotovoltaikanlagen - rund 800 Megawattstunden - erzeugt werden als beim Maiseinsatz in Biogasanlagen - durchschnittlich 20 Megawattstunden.

Hingegen ist der Einsatz von Gülle in Biogasanlagen für Hofmeier sinnvoll - abgesehen davon, dass aus Nachhaltigkeitsgründen der Tierbestand insgesamt reduziert werden müsse. «Aber wenn Gülle anfällt, sollte sie in eine Biogasanlage gelangen.» Deshalb gibt es auch seit 2009 den Güllebonus für Biogasanlagen.

Biogas gefragt bei Dunkelheit und Windflaute

Als problematisch sieht Hofmeier ältere Anlagen mit offenen Substrat- und Gärrestlagern an, die viele Gase in die Umwelt emittieren.

Teilweise seien vor allem an älteren Biogasanlagen auch Leckagen an unterschiedlichen Stellen feststellbar. Sie geht davon aus, dass es für manche Anlagen nach dem Auslaufen der 20-jährigen EEG-Förderung nicht weitergehen wird.

«Wir wollen, dass alle weitermachen können», unterstreicht dagegen Ingo Baumstark vom Regionalbüro Ost des Fachverbands Biogas. Er kritisiert, die Politik gefährde durch niedrig gehaltene Förderausschreibungen die bestehende Infrastruktur. Sein Verband berät die Mitgliedsunternehmen zu Fördermittelanträgen und Zukunftsinvestitionen.

Eine Strategie für ein tragfähiges Geschäftsmodell ist die Bereitstellung von Strom durch die Erzeugung im Blockheizkraftwerk zu Zeiten, in denen Solar- und Windkraft nur wenig Strom liefern.

«Elektrische Energie, die die Flauten erneuerbarer Energien ausgleicht, erhält höhere Preise am Strommarkt und entlastet so das EEG-Budget», erläutert Baumstark. Auch die Wärmenutzung könne an geeigneten Standorten stärker ausgebaut werden, zumal viele Kommunen Möglichkeiten zum Bau von Wärmenetzen ausloten. Blockheizkraftwerke können Biogas auch direkt in Strom und Wärme wandeln.

In der Damsdorfer Anlage wird Biogas jedoch zu Biomethan aufbereitet.

Dazu werden etwa Schwefelwasserstoff, Wasser und vor allem CO2 daraus entfernt. Der Prozess ist für viele Betreiber kleiner Biogasanlagen zu aufwendig. Deshalb sehen neuere Konzepte, an denen auch der Fachverband Biogas beteiligt war, ein Zusammenschalten mehrerer kleiner oder mittelgroßer Biogasanlagen vor: Dabei sind mehrere Anlagen über eine Rohgasleitung mit einer Aufbereitungsanlage verbunden, an der das erzeugte Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist wird. «In der Eifel gibt es ein entsprechendes Cluster, das schon seit Jahren läuft», berichtet Baumstark.

Peter Kornatz vom Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig sieht auch an anderer Stelle Verbesserungspotenzial für Biogasanlagen, nämlich bei der Vorbehandlung des eingesetzten Substrats. So könnten etwa Zerkleinerungsprozesse den Wirkungsgrad vieler Anlagen erhöhen.

Skeptisch ist er jedoch beim Einsatz von Enzymen und anderen Zusätzen. Einige Anbieter versprächen einen Gasmehrertrag von 150 Prozent, berichtet Kornatz. «Wir haben das an unserer Forschungsbiogasanlage wissenschaftlich untersucht und konnten keinen Gasmehrertrag durch Enzyme nachweisen.»

CO2 im Biogas soll in Methan umgewandelt werden

Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit besteht darin, das CO2 im Biogas - je nach Substrat zwischen 40 und 50 Prozent - auch in Methan umzuwandeln, also den Ertrag an Biomethan aus Biogas zu erhöhen. Dies erforscht die Abteilung Energie des Fraunhofer-Instituts für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM in Mainz. «Wir setzen Reaktoren mit Mikrostrukturen ein, wodurch wir einen hohen Wirkungsgrad erzielen und Katalysatormaterial sparen», erklärt Christian Bidart, einer der beteiligten Forscher.

Der Reaktionspartner von CO2 ist allerdings Wasserstoff. Damit tatsächlich Biomethan entsteht, muss der Wasserstoff «grün» sein, also mittels erneuerbarer Energien erzeugt worden sein. Zwar setzt Deutschland mit seiner Wasserstoffstrategie auf grünen Wasserstoff, doch noch ist der rar. Er entsteht beispielsweise in Power-to-Gas-Anlagen, in denen überschüssiger Windstrom genutzt wird, um per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten.

Sollten die Kapazitäten von grünem Wasserstoff künftig einmal groß genug sein, dann kann das Verfahren zur optimalen Verwandlung von CO2 aus dem Biogas in Biomethan genutzt werden. Das Beispiel zeigt jedoch auch, dass es keinen einzelnen, goldenen Weg zu einer klimaneutralen Energieerzeugung gibt.

Publiziert:
18.9.2025 10:42
Zusatz Informationen

Hinweis: Der Artikel stammt von der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er enthält Einschätzungen von Fachleuten, unter anderem auch von unserem Stefan Sziwek. Wir haben den Beitrag übernommen, da er die aktuellen Entwicklungen im Biogasbereich und die Relevanz unserer Projekte in Damsdorf beleuchtet.

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